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1. Geschichte des Mittelalters - S. 195

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 29. Das Mönchtum und die römische Kirche. 195 neuen kirchlichen Mönchsverein bilden; als sie aber die Einfalt des apostolischen Lebens erstrebten und den Grundsatz aufstellten, daß das Lehramt nicht Vorrecht der Geistlichkeit sei, sondern auch von Laien verwaltet werden könne, daß das Lesen der heiligen Schrift nicht von der Erlaubnis der Geistlichen abhängig gemacht werden dürfe, daß alles Beichten, aller Ablaß, alles Anrufen der Heiligen, die Verehrung der Reliquien, Messen und Almosen nichtig seien, wenn nicht der lebendige Glaube, wahre Buße und Besserung bei Gott Gnade erwerbe: da wurden sie von den Päpsten und Bischöfen verfolgt und mußten in Gefängnissen und auf Scheiterhaufen ihren Glauben mit ihrem Blute besiegeln. Viele flüchteten sich in die Thäler von Piemont und Savoyen, wo sie kleine Gemeinden mit eigentümlicher Kirchenverfassung und strenger Kirchenzucht gründeten. Diese haben sich trotz aller Verfolgungen und Bedrückungen bis aus unsere Tage erhalten. Petrus Waldus selbst soll von Land zu Land flüchtig geirrt fein und feine Lehre gepredigt haben, bis er um 1197 in Böhmen eine Ruhestätte fand. Die Albigenser. Am härtesten wurden zu Anfang des 13. Jahrhunderts die Sektierer im südlichen Frankreich verfolgt, welche nach dem Städtchen Alby den Namen Albigenser führen. Als die Bischöfe nämlich der gewaltig wachsenden Sektiererei nicht mehr Einhalt zu thun vermochten, erklärte Innocenz Iii. die Albigenser für ärger als Sarazenen und entbot den Cistereienserorden zu ihrer Bekehrung. Diese Maßregel erwies sich aber als erfolglos. Ebenso wenig vermochte der päpstliche Legat Peter von Castelnau etwas gegen die Feinde der römischen Kirche auszurichten. Als derselbe 1208 von einem Unbekannten ermordet wurde, schoben die Mönche den Verdacht des Mordes aus den Grasen Raimund von Toulouse, welcher die Albigenser auf feinem Gebiete schützte und duldete. Da nahm Jnnoeenz zu einer Gewaltmaßregel feine Zuflucht und ließ durch den Abt Arnold von Eiteaux zur Ausrottung der Ketzer das Kreuz predigen. Versprechungen der Kirche veranlaßten Taufende, gegen diese Ungläubigen, wie der Papst sie bezeichnete, zu ziehen. An der Spitze dieses neuen Kreuzheeres stand der Gras Simon von Montfort, welcher den Krieg mit entsetzlicher Grausamkeit führte. Bei der Erstürmung von Beziers wurden 7000 Menschen in einer Kirche verbrannt und 20 000 erschlagen. Als man den Abt Arnold fragte, wie man unter den Einwohnern die Rechtgläubigen unterscheiden sönne, entgegnete er: „Schlagt nur tot, der Herr kennt die eeinen." Graf Raimund, welcher sich feiner Unterthanen an* nahm, wurde für einen Ketzer erklärt und fein Land dem Grafen

2. Geschichte des Mittelalters - S. 244

1888 - Wiesbaden : Kunze
244 Vierte Periode des Mittelalters. Einflüsse auf seine geistige Entwickelung und sein öffentliches Lehramt war der Umstand, daß 1402 der Ritter Hieronymus aus England nach Prag zurückkehrte und seinen Freund Hus mit Wikliffes Schriften bekannt machte. Wie Petrus Abälard, Arnold von Brescia und Petrus Waldus schon früher gegen das Papsttum ausgetreten waren, so schrieb und lehrte in diesem Zeitraume der Professor an der Universität Oxford Johann Wikliffe (1375) gegen die Unterdrückung der Kirche durch das Papsttum, gegen die Unfehlbarkeit des Papstes in Sachen des Glaubens, gegen die Willkür der Bannflüche, gegen das Mönchtum und verschiedene kirchliche Lehren, wie die herrschenden Ansichten vom Fegfeuer, von der Ohrenbeichte, dem Ablaß, dem Heiligen- und Bilderdienst, dem Abendmahl rc. Der englische Hof und Adel schützte den kühnen Mann. Erst als bedenkliche Ausstände der Bauern für Freiheit und Gleichheit seinen Lehren Schuld gegeben wurden, gelang es seinen Gegnern, seine Entlassung vom Oxsorder Lehrstuhle durchzusetzen. Seine Schriften wurden verdammt und sein Leichnam (Wikliffe starb 1384) wurde aus der Kirche von Lutterworth herausgenommen und verbrannt. Doch hatte sich seine Lehre bereits Bahn gebrochen. Husens Freund Hieronymus, ein durch Geist und Gelehrsamkeit hervorragender Mann, hatte Wikliffes Lehre in England kennen gelernt und war ein begeisterter Verehrer desselben geworden. Mit ihm waren zwei junge englische Geistliche nach Prag gekommen, welche für Wikliffes Lehre daselbst thätig waren*). Um derselben leichter Eingang zu verschaffen, hingen sie zwei Gemälde auf; das eine stellte Christi Einzug zu Jerusalem und das Gefolge feiner armen, barfuß gehenden Jünger, das andere des Papstes Einzug in Rom und seine von Gold und Seide strotzende Umgebung der Kardinäle dar. Auf dem ersteren war Christus mit der Dornenkrone, aus dem andern der Papst mit der dreifachen goldnen Krone abgebildet. Dies veranlaßte den Erzbischof von Prag, die Lehre Wikliffes als irrig zu bezeichnen und das Lesen feiner ketzerischen Schriften zu untersagen. Indessen fuhr Hus fort, Wikliffes Schriften zu lesen und öffentlich in diesem Sinne zu wirken, er griff die sittliche Verdorbenheit der Geistlichen und mancherlei Mißbräuche der Kirche an und predigte gegen den Ablaß. Als Unruhen in Böhmen ausbrachen, welche das Ansehen *) Durch die Vermahlung des englischen Königs Richard Ii. mit Anna, der Tochter Kaiser Karls Iv., war ein reger wissenschaftlicher Verkehr zwischen England und Böhmen eingeleitet worden.

3. Geschichte des Mittelalters - S. 248

1888 - Wiesbaden : Kunze
248 Vierte Periode des Mittelalters. die Stadt Tabor, der Hauptsitz der Husiten, entstand. Damit begann der Husitenkrieg, der Böhmen und die Nachbarländer 17 Jahre lang grausam verheerte. Die Husiten zogen 1419 nach Prag und verlangten die Los-lassung einiger Gefangenen; doch sie wurden abgewiesen, und ein Steinwurf vom Rathause herab traf ihren Priester. Da drang Ziska in das Rathaus ein und warf den Bürgermeister samt 12 Räten aus den Fenstern in die Schwerter und Spieße der bewaffneten Menge. König Wenzel wurde darüber vor Schrecken vom Schlage gerührt und starb (1419). Als die Husiten nun seinen Bruder Sigismund nicht als König von Böhmen anerkennen wollten, beschloß dieser, mit unerbittlicher Strenge gegen die Aufrührer zu verfahren. Er erschien mit einem 100 000 Mann starken Kreuzheere, wurde aber aus dem Lande vertrieben; ein zweiter Zug, auf welchem er 1422 bei Deutsch-Brod geschlagen wurde, endete ebenso unglücklich; nicht besser erging es noch mehreren andern. Da traten unter den Husiten selbst Spaltungen hervor. Die Gemäßigteren wünschten den Frieden und begnügten sich damit, daß in der Landessprache gepredigt, eine strengere Kirchenzucht eingeführt und ihnen der Kelch beim Abendmahl zugestanden werden sollte, weshalb sie auch Kelchner oder Kalixtiner hießen. Ihre Gegner, die Taboriten, wollten jedoch nur das gelten lassen, was unmittelbar aus der heiligen Schrift abgeleitet werden könne. Ziska stand an der Spitze der Taboriten und wütete jetzt auch gegen die böhmischen Städte, welche nicht zu ihm hielten, mit derselben Grausamkeit wie gegen die rechtmäßigen Katholiken. Als er durch einen Pseilschuß sein zweites Auge verlor, ließ er sich auf einem Karren in die Schlachten fahren, ordnete das Heer und feuerte feine Krieger an. 1424 starb er bei der Belagerung einer böhmischen Stadt an der Pest. Nach seinem Tode traten die Spaltungen unter den Husiten noch entschiebener hervor. Ein Teil der Taboriten wählte jetzt Prokopius den Großen zum Führer; ein anberer bagegen hielt keinen für würbig Ziskas Nachfolger zu werben, btefe nannten sich beshalb „die Waisen" und wählten einen Kriegsrat, in welchem jeboch meistenteils Prokopius der Kleine, wie er der Bnterscheibung wegen genannt würde, die Leitung hatte. Neben ihnen bestauben noch die Horebiten, nach einem Berge Horeb so genannt. Trotz biefer Spaltungen siegten die Husiten allenthalben, und um die Uneinigkeit nicht weiter um sich greifen zu lassen, trug Prokopius der Große den Krieg über die Grenzen Böhmens hinaus. Plünbernb und morbenb brangen sie bis Dresben, Naum-

4. Geschichte des Mittelalters - S. 320

1888 - Wiesbaden : Kunze
320 Zeittafel. Vierte Periode. 1388 1400 1412 1414 1415 1419 1431 1437 1438 1440 1448 1453 1455 1477 1486 1492 1493 1498 1499 1506 1512 1516 Der Städtekrieg. Schlacht bei Döffingen. Ruprecht von der Pfalz übernimmt die deutsche Krone. Johanna d'are wird zu Domremy geboren. Das Konzil zu Konstanz nimmt seinen Anfang. Johannes Hus. Hieronymus von Prag. Heinrich V. von England besiegt die Franzosen bei Azincourt. Anfang des Husitenkriegs. Das Konzil zu Basel beginnt. Die Jungfrau von Orleans wird in Rouen verbrannt. Kaiser Sigismund stirbt. Albrecht Ii. aus dem Hanse Habsburg solgt den Luxemburgern. Johannes Gutenberg erfindet die Buchdruckerkunst. Das Konzil zu Basel wird aufgelöst. Eroberung Konstantinopels durch die Türken. Der sächsische Prinzenraub durch Kunz von Kanffungen. Karl der Kühne fällt bei Nancy. Seine Tochter Maria heiratet Maximilian I. Bartholomäus Diaz entdeckt das Kap der guten Hoffnung. Christoph Columbus entdeckt Amerika. Auf Friedrich Iii. folgt Kaiser Maximilian 1. Vasco de Gama findet den Seeweg nach Ostindien auf. Die Eidgenossen trennen sich nach Beendigung des Schwabenkrieges vom deutschen Reich. Christoph Columbus stirbt. Das deutsche Reich wird in 10 Kreise geteilt. Anfang des Reichspostwesens durch Franz von Taxis.

5. Geschichte des Mittelalters - S. 260

1888 - Wiesbaden : Kunze
260 Vierte Periode des Mittelalters. ihres Bruders Ferdinand mit Ludwigs Schwester Anna. Seitdem hieß es: „Du glückliches Östreich heirate, laß andere kriegen." Als Papst Julius Ii. 1511 erkrankte, trug sich Maximilian mit dem Gedanken, die höchste geistliche und weltliche Macht in seiner Person zu vereinigen. Allein die italienischen Kardinäle fürchteten mit Recht die Verwirklichung eines solchen Planes und wählten 1513 den Mediceer Leo X. zum Papste. Kurze Zeit vor seinem Tode sah Maximilian zwei seiner Lieblingspläne scheitern: die Erwählung seines Enkels Karl zum römischen König und den allgemeinen Krieg gegen die Türken. Der erstere scheiterte an dem Widersprüche der Kurfürsten, welche die gewaltige Macht des Habsburgischen Hauses nicht mit Unrecht fürchteten, der geplante Türkenkrieg an der Abneigung der Reichsfürsten gegen jeden auswärtigen Krieg. Mißmutig verließ Maximilian den Reichstag, der 1518 in Augsburg abgehalten worden war. Auf dem Lechfelde sah er sich noch einmal um und sprach in tiefer Rührung: „Nun gesegne dich Gott, du liebes Augsburg mit deinen frommen Bürgern, wir werden dich nicht mehr sehen!" Als er nach Innsbruck kam, fühlte er fein Ende nahen. Er ließ sich das heilige Abendmahl reichen, legte sein Totenhemd an und erwartete so den Tod. Seine Freunde und Angehörigen umstanden weinend das Sterbelager. Er aber sprach: Was weinet ihr, daß ihr einen sterblichen Menschen sterben seht?" So verschied er 1519. Mit Macht begann in den letzten Jahren seiner Regierung aus allen Gebieten des Lebens ein neuer Geist sich zu regen. Maximilian empfand und verstand das Wehen dieses Geistes der Neuzeit nicht mehr: in den Anschauungen des Mittelalters festgewurzelt, starb er als „der letzte Ritter". §. 39. Die aujjeciseutj'rfien Staaten (Europas. 1. Frankreich. Die letzten Kapetinger bis 1328. Ludwigs Ix. (§. 28,1) Sohn Philipp Iii. (1270—1285) erwarb die Grafschaft Toulouse. Dessen Sohn und Nachfolger Philipp Iv. der Schöne (1285—1314) war ein kluger, kühner und gewalttätiger Fürst, der kein Mittel zur Ausführung feiner Pläne verschmähte. Ihm gelang es, die Staatseinheit im Innern zu befestigen und Frankreichs Einfluß nach außen durch Ländererwerbungen und einen siegreichen Kampf mit dem Papsttum zu vermehren. Seine Gemahlin Johanna brachte ihm das Königreich Navarra nebst der Grafschaft Champagne und Brie

6. Geschichte des Mittelalters - S. 191

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 29. Das Mönchtum und die römische Kirche. 191 Kirche im Morgenlande zu retten, die Ketzer auszurotten und das Gebäude der römischen Kirche im Innern zu befestigen. Vieles ist ihm unter den schwierigsten Verhältnissen gelungen, und mancher Fürst beugte sich vor seinem Machtspruche. So mußte der spanische König Alfons Ix. seine gesetzwidrige Ehe mit seiner Nichte auflösen, Philipp August von Frankreich seine verstoßene Gemahlin Jngeborg wieder annehmen, Peter von Arragonien und Johann von England ihre Reiche für zinsbare Lehen des römischen Stuhles erklären. Kurz vor seinem Tode versammelte er noch einmal die Repräsentanten der ganzen Christenheit um sich. Es erschienen die Gesandten fast aller christlichen Könige, 800 Äbte, 412 Bischöfe, die Patriarchen von Jerusalem und Konstantinopel und die Abgeordneten der Patriarchen von Antiochien und Alexandrien. Alle seine Vorschläge über Glauben, Kirchenrecht und Kirchenzucht wurden genehmigt, ein allgemeiner Kreuzzug gegen die Ungläubigen im heiligen Lande und strenge Maßregeln gegen die Ketzerei beschlossen. Im folgenden Jahre(1216) überraschte den gewaltigen Mann der Tod auf einer Reise in der Stadt Perugia. Kirchliche Lehren und Einrichtungen. In den ersten Jahrhunderten des Mittelalters war das alte apostolische Christentum in Lehre, Verfassung und Gottesdienst vielfach weiter ausgebildet worden. Die schon seit Gregor I. kirchlich geltende Lehre vomfeg-f euer als einem Mittelzustande, in welchem die Seelen der Gläubigen ihre Sünden durch Läuterungen abbüßen müßten, führte allmählich zur Lehre vom Ablaß. Man legte der Kirche die Befugnis bei, kraft des Verdienstes Christi und der Heiligen die reinigenden Strafen des Fegfeuers in irdische Strafen zu verwandeln, von denen sie gegen gewisse, dem kirchlichen Gemeinwesen ersprießliche Leistungen freisprechen könne. Wenn die großen Kirchenlehrer dabei auch ausdrücklich hervorhoben, daß dieser Erlaß von den Qualen der Kirchenstrafen und des Fegfeuers nur dann möglich fei, wenn man die begangenen Sünden aufrichtig bereue und Besserung gelobe, so wurde diese Hauptsache doch von den gewöhnlichen Priestern häufig absichtlich verschwiegen oder übergangen. Bei der Unwissenheit vieler Priester wurde die Predigt in der Landessprache als etwas Unwesentliches beiseite geschoben und der Gottesdienst, welcher sich vorzugsweise auf das Meßopfer und den Altardienst beschränkte, in lateinischer Sprache abgehalten. Die Verehrung d er Heiligen, Reliquien und Bilder wurde immer entschiedener in den Gottesdienst hineingezogen und bildete mit der Verehrung der Mutter Jesu bald den Mittelpunkt kirchlicher Erbauung. Die Zahl der Sakramente

7. Geschichte des Mittelalters - S. 194

1888 - Wiesbaden : Kunze
194 Dritte Periode des Mittelalters. der Dominikaner, reisender Prediger, welche ein ebenso strenges Leben wie die Franziskaner führen sollten. Um 1272 hatten die Dominikaner schon 400, die Franziskaner über 1000 Klöster. Verwandte Orden waren die Karmeliter und Augustiner, welche wie die Franziskaner ihren Unterhalt durch Einsammeln milder Gaben suchten und ihre Entbehrung, Armut und Demut durch kein irdisches Gut gestört wissen wollten. In den beiden Bettelorden hatte das Papsttum seine mächtigste Stütze, die Franziskaner oder Minoriten blieben in der innigsten Verbindung mit dem Volk und wirkten als Seelsorger in demselben, der Orden der Dominikaner befaßte sich mit der Pflege der Wissenschaften, übernahm die Lehrstühle an den Universitäten, brachte die größten Kirchenlehrer hervor, und bekämpfte die Irrlehren, verbreitete aber auch die Schrecken der Ketzergerichte unter den Völkern des Abendlandes. So hohe Achtung auch manche Orden und Klöster dadurch verdienen, daß sie die Kultur des Landes, den Unterricht, die Religion und die Wissenschaft zu Zeiten ernstlich pflegten, so sind doch in späteren Zeiten die Klagen über Laster und Ausschweifungen der Nonnen und Mönche nicht unbegründet. Sekten. Im Laufe des 12. Jahrhunderts bildeten sich in Oberitalien und im südlichen Frankreich einige Sekten, welche der katholischen Lehre entsagten und sich die Reinen (Cathari, Cazzari, woraus der Spottname Ketzer entstanden ist) nannten. Ein Beispiel der Auflehnung gegen das Papsttum gab schon Arnold von Brescia in Rom (§.27, 2), der sein kühnes Unternehmen mit dem Leben büßen mußte; andere folgten. Die Waldenser. Petrus Waldus, Kaufmann zu Lyon, stiftete die Gemeinde der Waldenser. Im Sommer 1170 befand sich Waldus in einer Versammlung angesehener Bürger zu Lyon, als plötzlich einer der Anwesenden tot zur Erde fiel. Dieser unvorhergesehene Todesfall erschütterte ihn so sehr, daß er ernstlich für sein Seelenheil zu sorgen sich vornahm. Vor allem suchte er die Lehren der heiligen Schrift sich zugänglich zu machen; er ließ sich mehrere Bücher derselben in seine Muttersprache übersetzen und las fleißig darin. Die Worte Matth. 19, 21: „Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gieb es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komme und folge mir nach" — ergriffen ihn so sehr, daß er seine Habe verkaufte und das Geld an die Armen verschenkte. Außerdem stiftete er einen apostolischen Verein zur Predigt des reinen Evangeliums unter dem Landvolke, welcher sich den Namen der „Armen von Lyon" beilegte. Anfangs glaubte man, diese Waldenser wollten nur einen

8. Geschichte des Mittelalters - S. 196

1888 - Wiesbaden : Kunze
196 Dritte Periode des Mittelalters. Simon von Montsort erteilt. Allein dieser wurde bei der Belagerung von Toulouse durch einen Steinwurf getötet. Darum kam das grausam verwüstete Land nach Raimunds Tode an den König von Frankreich. Die Inquisition. Auf der Kirchenversammlung zu Toulouse 1229 ergriff die päpstliche Partei neue Maßregeln zur Verhütung der Ketzerei. Die Bischöse wurden angewiesen, Geschworene zur Aufspürung und gerichtlichen Verfolgung der Ketzer anzustellen; jeder Bischof, Fürst. Baron oder Richter, welcher einen Ketzer verschone, sollte sein Land, Gut oder Amt einbüßen; jedes Haus, das einen Ketzer beherberge, dem Boden gleichgemacht werden; wer nicht zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten beichte und kommuniziere und alle zwei Jahre seine Übereinstimmung mit der römischen Kirche eidlich bekräftige, solle der Ketzerei verdächtig und jeder ärztlichen und geistlichen Hilfe verlustig gehen. Da aber die Bischöfe in der Ausführung dieser Maßregeln bald zu lässig erschienen, so setzte der Papst besondere Ketzergerichte oder Jnquisitionstribunale ein und beauftragte die Dominikaner, welchen er unbeschränkte Vollmacht erteilte, mit der Handhabung und Leitung derselben. Die Inquisition entschied darüber, ob jemand den rechten Glauben habe oder nicht, und verurteilte die Ketzer oder Irrgläubigen zum Verlust ihrer Güter, ihrer Freiheit und ihres Lebens. Der Angeklagte wurde ins Gefängnis gebracht und durfte niemand sprechen; auch kein Gebetbuch wurde ihm gestattet. Gestand er die ihm zur Last gelegten Verbrechen, so hatte er sich sein Urteil selbst gesprochen; leugnete er dagegen, so wurde er dennoch als schuldig angesehen und demgemäß behandelt. Er erfuhr nicht, wer seine Ankläger oder wer die Zeugen waren; mit Hilfe der Folter (§. 40) erpreßte man das Geständnis. Entging ein Angeklagter durch Bekenntnis und Reue dein Tode, so mußte er dem Irrtum abschwören und sich allen Strafen und Bußübungen unterziehen, welche das Gericht aussprach. War er zum Tode verurteilt, so wurde in Gegenwart der schaulustigen Menge ein feierliches Auto da Fe (Hinrichtung) veranstaltet. Die Verurteilten erschienen barfuß, mit einer spitzen Mütze auf dem Kopfe und angethan mit dem Sanbenito, einem fafranfarfrigen Bußkleide, welches auf Rücken und Brust mit einem Kreuze bezeichnet und mit Teufeln bemalt war. Ehe die Verurteilten auf den Scheiterhaufen geführt wurden, fragte man sie, in welchem Glauben sie sterben wollten; antworteten sie: „im katholischen", so wurden sie erdrosselt, schwiegen sie, so wurden sie lebendig verbrannt. Dieses furchtbare Glaubensgericht, an welchem Neid, Hab- und Herrschsucht, Bosheit und Rache mehr Anteil hatten als der Glaubens-

9. Geschichte des Mittelalters - S. 197

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 30. Das Rittertum und die Ritterorden. 197 eiser, hat nirgends schrecklicher gewütet als in Spanien. Die spanische Inquisition verurteilte von 1481 —1808 342000 Personen; von diesen wurden 32 000 in Person, 18 000 im Bildnisse verbrannt und die übrigen mit strengen Strafen heimgesucht. In Spanien wurde die Inquisition erst 1820 abgeschafft. Auch in Deutschland trat 1231 der Dominikanerkonrad von Marburg, der Beichtvater der heiligen Elisabeth, aus, um dieketzer aufzuspüren und „zur Ehre Gottes" zu verbrennen. An 80 Menschen starben auf dem Scheiterhaufen. Als aber der Inquisitor sich nicht mehr mit dem armen Volke begnügte, sondern auch Adlige vor seinen Richterstuhl lud, wurde er nebst zwölf Helfershelfern im Walde von Kappel bei Marburg erschlagen. Ein stehendes Ketzergericht konnte sich in Deutschland nicht halten. §. 30. 2)as Juffedum ums ttie litteroitien. Eine der glänzendsten Erscheinungen und Eigentümlichkeiten des Mittelalters war das Rittertum. Es war entstanden, als der bei den Germanen übliche Heerbann aufgehört hatte, und erhob sich zwischen dem höheren Adel, welcher sich im Besitze von Reichslehen befand, und dem Hörigen. Der Ritterstand bildete den niederen Adel und umfaßte sowohl die Inhaber von Lehnsgütern wie auch die Dienstmannen (Ministerialen) der Herrenhöfe; er war durch gemeinsame Sitte und Lebensanschauung so innig verbunden, daß jeder förmlich in denselben ausgenommen werden mußte. Wer Ritter werden wollte, mußte demnach einem freien Geschlechte angehören. Die ersten sechs Jahre blieb der Knabe unter der Aufsicht der Mutter, nachher wurde er als Edelknabe an den Hof des Lehnsherrn oder eines fremden Ritters geschickt, wo er neben kleinen dienstlichen Verrichtungen in Gottesfurcht und feiner Sitte unterwiesen wurde und die ritterlichen Künste erlernte. Im 14. Jahre erhielt der Junker oder Knappe einen Degen, mußte von jetzt an die Pferde und Waffen seines Herrn besorgen, ihn begleiten und im Kampfe aus dem zweiten Gliede mitstreiten. So vorbereitet, gelangte der Knappe mit dem 21. Jahre zur Ritterwürde, bei deren Er-teilung große Feierlichkeiten üblich waren. Nach einem strengen Fasten brachte der Knappe die Nacht mit einem Priester und Paten im Gebete zu und empfing das heilige Abendmahl. Dann trat er in die Kirche, wo er eidlich gelobte, Gott zu fürchten uni) zu ehren, täglich die heilige Messe zu hören, für den christlichen Glauben zu streiten, die Kirche und ihre Diener zu schützen, die Unschuld zu schirmen, dem Vaterlande zu helfen, dem Kaiser gehorsam zu sein, das gegebene Wort zu halten und tadellos vor Gott und

10. Geschichte des Mittelalters - S. 241

1888 - Wiesbaden : Kunze
§.37, 1. Das Konzil zu Konstanz: Veranlassung, Beschlüsse. 241 Schwelgerei und Sittenlosigkeit aus, während die Geistlichkeit verweltlichte und die Völker verwilderten. Diesem Übelstande sollte durch eine Rückverlegung des päpstlichen Stuhles nach dem alten Papstsitze abgeholfen werden, und Papst Gregor Xi. nahm deshalb 1378 seinen Aufenthalt wieder in Rom. Als er in dem nämlichen Jahre starb, wurde in Rom der strenge Italiener Urban Vi. gewählt. Mit diesem waren jedoch die lüsternen französischen Kardinäle nicht zufrieden, sie begaben sich daher wieder nach Avignon und erwählten dort Klemens Vll. zum Gegenpapst. Dieses war die Veranlassung zu der Kirchenspaltung (dem Schisma) von 1378 —1417, das die Christenheit in zwei Teile schied und die größten Übelstände mit sich führte. Frankreich, Spanien und Neapel hielten zu dem Papst in Avignon, die übrigen Länder zu dem römischen Oberhaupt. Beide Päpste bannten und verfluchten einander und brandschatzten die Christenheit, um die nötigen Mittel für ihren Hofhalt und ihre Verschwendung aufzubringen. So war es Urbans Nachfolger Bonifacius Ix., der zuerst den Ablaßhandel für Sündenvergebung in großem Maßstabe betrieb. Die Klagen über die Verwilderung der Kirche wurden deshalb allgemein, und jeder Einsichtige verlangte nach einem allgemeinen Konzil, das, über dem Hader der Päpste stehend und unmittelbar von dem heiligen Geist geleitet, allein imstande sei, eine Verbesserung der Kirche an Haupt und Gliedern vorzunehmen. Endlich beriefen die Kardinäle zu Rom und Avignon 1409 eine Kirchenversammlung nach Pisa, wo sie die beiden Päpste absetzten und einen neuen wählten. Da aber die beiden abgesetzten Päpste dem Beschlusse des Konzils keine Folge gaben, so hatte die Christenheit drei Päpste, und die Lage der Kirche war schlimmer denn vorher. Jetzt drängte Kaiser Sigismund den römischen Papst Johann Xxiii., bis dieser das Konzil zu Konstanz (1414 bis 1418) einberief, welchem die dreifache Aufgabe gestellt wurde: 1) das päpstliche Schisma beizulegen, 2) den katholischen Glauben gegen die Irrlehren zu verteidigen und die Lehre des Johannes Hus auszurotten, 3) eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern zu beschließen. Eine ungeheure Fremdenmenge aus allen Nationen, Ständen und Gewerben strömte in der alten deutschen Reichsstadt am Bodensee zusammen; man zählte 18 000 Geistliche, 29 Kardinäle, 160 Bischöfe, die Gesandten von 2 Kaisern und 14 Königen, 100 Grasen, 30 Herzöge und 80 Barone, — 200 Schneider, 70 Schuh- Casstans Weltgeschichte. Ii. 5. Aufl. v. Ph. Beck. 16
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